Test: Kobo Libra 2

Test: Kobo Libra 2

Vor einigen Jahren (2015?) hatte ich schon einmal einen Kobo Glo HD. Ein Gerät, das in Sachen Displayqualität seiner Zeit voraus war. Später dann verabschiedete sich Kobo mit seinen eigenen Readern leider vom deutschen Markt (und wurde hierzulande zum Tolino-Partner). Nach dem (softwareseitig) enttäuschenden Tolino Vision 6 wollte ich es nun wissen und beschaffte mir das Pendant dazu – den Kobo Libra 2. Schließlich kann man über europäische Händler die Kobogeräte immer noch recht einfach kaufen. Äußerlich beinahe identisch zum Vision 6 (innerlich nicht ganz), wollte ich schauen, ob hier mehr Lesefreude zu finden ist.

Hardware

Wie gesagt gleichen sich äußerlich der Tolino Vision 6 und der Kobo Libra 2 wie ein Ei dem anderen. Doch setzt Kobo beim Libra 2 u. a. auf eine etwas schwächere CPU und etwas mehr Speicher (32 GB). Eine gute Entscheidung, wie ich finde. Denn die Akkulaufzeit geht absolut in Ordnung und garantiert wirklich ein entspanntes Lesen ohne Angst zu haben, dass der Saft mitten in der Lektüre ausgeht.

Doch das eigentliche Highlight ist das 7" eInk Carta 1200 Display. Es dürfte mit das beste sein, was ich bisher an Schärfe und vor allem Kontrast gesehen habe. Manche einer wird bemängeln, dass der Libra 2 kein planes Display, sondern ein etwas eingelassenes hat, doch nur dadurch ist diese Displayqualität möglich. Bei einer planen Front, die eine zusätzliche Schicht auf dem Display bedingt, wäre der Kontrastvorteil von eInk Carta 1200 wieder zunichte gemacht. Zumindest ist das meine Vermutung, wenn man sich etwa den PocketBook Era anschaut.

Das Gehäuse ist sehr gut verarbeitet. Sicher, das Plastik lässt in einem nicht unbedingt das Gefühl aufkommen, ein Premiumgerät in den den Händen zu halten. Aber es geht für mein Empfinden absolut in Ordnung. Und durch Verwenden einer Hülle relativiert sich das eh nochmal.

Ansonsten ist alles an Bord, was man erwarten würde. Das Gerät ist wasserfest (nicht: wasserdicht) und das Display wird mit ComfortLight PRO beleuchtet, erlaubt also bei Bedarf ein blaulichtreduziertes Licht. Die Ausleuchtung ist übrigens absolut top und sehr gleichmäßig. Besser kann man ein 7" Display und ein Gerät dieser Bauart (mit seitlich angebrachten LEDs) nicht beleuchten.

Software

Softwareseitig wird es etwas komplizierter. Doch zunächst in aller Kürze: Ich bin ein Fan der Kobo-Benutzeroberfläche. Sie wirkt sehr durchdacht und alle Schaltflächen sind sinnvoll angeordnet. Die Bibliotheksfunktionen sind ausreichend und erlauben ein einfaches Finden des Lesestoffes, z. B. über Sammlungen oder Serien. Will man nicht im Kobo-Shop den Lesestoff kaufen, leistet einem beim Pflegen der entsprechenden Metadaten übrigens Calibre sehr gute Dienste – enstsprechende kobospezifische Plugins vorausgesetzt.

Kobo unterstützt natürlich das EPUB Format und stellt die Bücher mit Hilfe der Adobe Engine (RMSDK) dar. Das hat Vorteile, z. B. eine typografisch sehr gute Darstellungsqualität (Stichworte: Ligaturen und Kerning). Aber eben auch Nachteile, so kann man etwa nicht in Abbildungen hineinzoomen, und man muss auf einige nette Features, wie die Anzeige der restlichen Lesezeit pro Kapitel/Buch samt übersichtlicher grafischer Balkendarstellung der Kapitellängen verzichten.

Kapitelinfo

Diese Features erhält man nur, wenn man Bücher im koboeigenen KEPUB Format liest. Glücklicher Weise ist es recht einfach, vorhandene EPUBs in KEPUBs umzuwandeln, sofern sie DRM-frei sind. Das geht etwa mit Calibre ganz transparent beim Übertragen der Bücher auf den Reader, oder aber über Tools wie Kepubify.

Doch gibts – wie könnte es anders sein – auch beim KEPUB Format eine Kröte zu schlucken. Und zwar lässt die Typografie doch etwas zu wünschen übrig. Ligaturen und Kerning sucht man in der Textdarstellung leider vergeblich. Der Reader lässt sich dazu zwar überreden, nämlich mit der Einstellung webkitTextRendering=geometricPrecision im Abschnitt [Reading] der Konfigurationsdatei Kobo eReader.conf, doch ist auch hier die Darstellung nicht optimal. Hin und wieder sind die Abstände zwischen den Buchstaben eines Wortes zu weit, was den Lesefluss doch einigermaßen beeinträchtigt. Das ist Meckern auf hohem Niveau; vielen dürfte etwa das fehlende Kerning gar nicht auffallen. Doch sollte es nicht unerwähnt bleiben. Wer weiß, vielleicht legt hier Kobo ja irgendwann noch nach.

Übrigens, über diverse Patches aus der Kobo Community lassen sich eine Vielzahl weiterer (kleiner) Ecken und Kanten der Software abschleifen und so zur Zufriedenheit anpassen. Das Erzwingen und Verbessern der Silbentrennung oder das Anpassen der Wikipedia-Suchanfragen auf die deutsche Sprache seien hier nur exemplarisch genannt. Genaueres erfährt man im sehr empfehlenswerten mobileread-Forum.

Onleihe

Leider unterstützt Kobo nicht das neue LCP-DRM (das gar nicht mehr so neu ist), auf das vor allem die Onleihe in Deutschland setzt. Daher ist man hier nach wie vor auf das zum Glück noch unterstützte Adobe DRM samt der Desktop Software Adobe Digital Editions angewiesen. Würde also die Onleihe das Adobe DRM irgendwann gänzlich fallen lassen, wäre man von dieser günstigen Lesestoffquelle also tatsächlich abgeschnitten.

Fazit

Abgesehen von den typografischen Unzulänglichkeiten (zumindest wenn man auf das KEPUB Format setzt), ist der Kobo Libra 2 ein ganz ausgezeichnetes Lesegerät, das wirklich für Lesevergnügen sorgt. Der Libra 2 läuft stabil, reagiert flott auf Eingaben und ist derzeit mein Lieblingsreader, wobei ich auch hier auf weitere Verbesserungen durch Firmwareupdates hoffe. Hier liefert Kobo auch ständig nach, so kam erst kürzlich die Funktion hinzu, dass man durch eine einfache Wischgeste in einem Buch direkt auf die drei zuletzt geöffneten Bücher zugreifen kann, ohne Umweg über den Homescreen. Von diesen Updates profitieren auch jahrealte Kobogeräte, wie der zu Beginn erwähnte Glo HD.