Thomas Mann – Der Zauberberg
Der Inhalt des Buches dürfte hinlänglich bekannt sein. Grob umrissen geht es um Hans Castorp, der seinen Vetter Joachim Ziemßen für drei Wochen in einem Lungensanatorium in Davos besuchen möchte. Das Sanatorium und seine “Gäste” üben jedoch einen eigenartigen Reiz auf Castorp aus. Abgelegen in den Schweizer Alpen, scheint hier die Zeit anders zu verlaufen. Seinen Teil trägt dazu bei, dass die Tagesabläufe hier einem strikten, immerzu gleichen Schema folgen. Die ausgiebigen Mahlzeiten werden im Wesentlichen nur durch “Liegekuren” unterbrochen. Hans Castorp nimmt daran anfangs nur spaßhalber teil, wird aber nach und nach quasi eingelullt und erliegt dem Bann der stupiden Routine: Nachdem Hofrat Behrens eine “feuchte Stelle” in der Lunge unseres Protagonisten gefunden hat, bleibt er in dem Sanatorium als Patient. Und er wird sehr lange bleiben.
Doch Hans Castorp trifft auch auf Menschen, die ihn verschiedentlich beeinflussen. Etwa die Herren Settembrini und Naphta, die diametrale Weltanschauungen haben und unseren Helden auf Ihre Weise beeindrucken. In schier endlosen Dialogen, die keinesfalls einfach gehalten sind, nimmt der Leser an den Disputen teil. Man ist belehrt, aber beinahe froh, wenn diese Streitgespräche letztendlich enden. Mindestens ebenso beeindruckt ist Hans Castorp von Clawdia Chauchat. Einer Türen zuknallenden, exotischen Frau mit ganz eigenem Charme. Bald schon ist er ihr erlegen. Doch natürlich erhebt das Schicksal Einspruch: Frau Chauchat verlässt das Sanatorium, um später mit einem “Reisegefährten” zurückzukommen. Mynheer Peeperkorn, so der Name des Rivalen, hat eine außerordentliche Persönlichkeit. Er zieht alle in seinen Bann, strahlt eine unglaubliche Selbstsicherheit aus und redet viel, ohne je etwas zu sagen. Eine Kostprobe:
»Meine Herrschaften. – Gut. Alles gut. Er–ledigt. Wollen Sie jedoch ins Auge fassen und nicht – keinen Augenblick – außer acht lassen, daß – Doch über diesen Punkt nichts weiter. Was auszusprechen mir obliegt, ist weniger jenes, als vor allem und einzig dies, daß wir verpflichtet sind, – daß der unverbrüchliche – ich wiederhole und lege alle Betonung auf diesen Ausdruck – der unverbrüchliche Anspruch an uns gestellt ist – – Nein! Nein, meine Herrschaften, nicht so! Nicht so, daß ich etwa – Wie weit gefehlt wäre es, zu denken, daß ich – – Er–ledigt, meine Herrschaften! Vollkommen erledigt. Ich weiß uns einig in alldem, und so denn: zur Sache!«
So vergehen also die Jahre und Castorps Aufenthalt wird, ohne zu viel zu verraten, mit einem Donnerschlag enden.
Der Roman ist sehr vielschichtig und lässt sich unmöglich in einer simplen Rezension zusammenfassen, ohne dass Wesentliches unter den Tisch fällt. Anspielungen auf Märchen und Mythologie sind allgegenwärtig. Ebenso die Themen Krankheit und Tod, die Zeit oder gar Erotik. Ich fand das Lesen anstrengend, was auch an den wenig süffigen Satzkonstrukten lag. Ich hatte auch das Gefühl, viele Anspielungen, etwa in die Mythologie, schlicht nicht zu verstehen oder zu bemerken. Sekundärliteratur wäre hier wohl vonnöten gewesen, doch hätten dann die gut zwei Monate, die ich für das Buch “gebraucht” habe, bei Weitem nicht ausgereicht. Trotzdem hat sich das Durchhalten gelohnt. Thomas Manns ganz eigene Art zu Schreiben hat mich am Roman dranbleiben lassen. Der äußeren Handlung kann man gut folgen und wenn man nicht alles, was in dem Roman drinsteckt, erfasst, tut es dem Ganzen keinen Abbruch. Schön ist, dass immer auch etwas Humor mitschwingt.
Ich empfehle also “Der Zauberberg” gerne. Es ist zu Recht Weltliteratur. Die Buddenbrooks jedoch fand ich etwas weniger sperrig.
Daten zum Buch
- Autor: Thomas Mann
- Titel: Der Zauberberg
- Verlag: S. Fischer
- ISBN: 9783104003009
- Seiten (eBook): 924